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Interview mit den „drei ???“

„Wir sind die Rolling Stones der Hörspielszene“

2019 feiern die „drei ???“ ihr 40-jähriges Hörspieljubliäum. 1979 lösten Oliver Rohrbeck, Jens Wawrczeck und Andreas Fröhlich, die Sprecher der „drei ???“, ihren ersten Fall: „Die drei Fragezeichen und der Super-Papagei“. Im Jubiläumsjahr erscheint Folge 200, der erfolgreichsten Hörspielserie der Welt. Der Spannung verheißende Titel: „Die drei Fragezeichen und das feurige Auge“. Am 25. Oktober gehen die drei auf  Jubiläumstour. Mit ihrem großen Live-Hörspiel „Die drei ??? und der dunkle Taipan“ werden sie die schon jetzt ausverkauften Hallen Deutschlands füllen. Wir sprachen mit den „drei ???“ über ihre Rollen und ihren außergewöhnlichen Erfolg.

Könnt ihr in drei Sätzen erklären, warum die drei Fragezeichen seit 40 Jahren Erfolg haben, was macht für euch den Reiz der Serie aus? Was haben die drei Fragezeichen, was andere Hörspiele nicht haben?
Andreas Fröhlich: Das Design der Cover war einzigartig, der Name Hitchcock stand für Qualität, der Schauplatz USA versprach unzählige spannende Geschichte , und da die Hauptsprecher nie ausgetauscht wurden, konnten die Hörer zusammen mit ihren Helden groß werden.

Was macht ihr, wenn ihr nicht Justus/Peter/Bob sprecht?
Oliver Rohrbeck: Wir nehmen ja nur sechs mal im Jahr für „Die drei ???“ auf. Ich bin selber auch Produzent für Hörbücher und Hörspiele, Veranstalter von Lesungen und ich habe ein eigenes Studio in Berlin.
Jens Wawrczeck: Mein Label audoba nimmt viel Zeit in Anspruch. Ich singe. Ich spiele Theater. Ich male. Ich schreibe. Ich produziere. Ich ärgere mich. Ich freue mich. Ich zerbreche mir den Kopf über Gott und die Welt. Die Tage sind ausgefüllt!
Andreas Fröhlich: Dann nehme ich Hörbücher auf oder bin auf Lesetour.

Was habt ihr mit euren Rollen gemeinsam? / Wie viel „Drei ???“ steckt in euch?
Oliver Rohrbeck: Nichts.
Jens Wawrczeck: Wenig. Na schön, ich kann genauso ungeduldig sein wie Peter.
Andreas Fröhlich: Ich bin auch kurzsichtig, liebe Musik und lese gerne Bücher.

Was mögt ihr besonders an der Rolle des Justus/Peter/Bob? 
Oliver Rohrbeck: Justus ist ein von Grund auf ehrlicher Mensch und hat ein gutes, reines Herz. Und deswegen erträgt er keine Unwahrheiten.
Jens Wawrczeck: Ich mag Peters Mut, sich ängstlich zu zeigen. Er ist eine Art Anti-Held.
Andreas Fröhlich: Bob ist das Alter Ego von Drei ???-Erfinder Robert Arthur – das gefällt mir.

2019 erscheint die 200. Folge. Welches ist eure Lieblingsfolge und warum? 
Oliver Rohrbeck: Meine Lieblingsfolgen sind der Karpatenhund und „Das leere Grab“, weil Justus Jonas dort in eine ganz schwere emotionale Krise stürzt.
Jens Wawrczeck: Ich habe keine Lieblingsfolge. Lieblingsszenen vielleicht. Marianne Kehlaus Auftritte in „Der Ameisenmensch“.
Andreas Fröhlich: Das wechselt ständig. Momentan ist „Der Dunkle Taipan“ mein Favorit, weil wir damit auf Tour gehen.

Wie seid ihr Hörspielsprecher geworden, welche Qualifikationen und Begabungen sind dazu erforderlich? 
Oliver Rohrbeck: Ich habe bei der Sesamstraße als Kinderschauspieler mitgemacht, und bin dann von den Filmemachern für Synchronisation vorgeschlagen worden. Und dadurch habe ich dann erste Rollen, wie z.B. Pinocchio, bekommen. Man muss sich auf Rollen schauspielerisch vorbereiten. Wenn man die richtige Einstellung und Haltung zur Rolle hat, ergibt sich die Stimme von selbst. Wichtig ist wie gesagt, sich vorher die richtige Haltung zu überlegen.
Jens Wawrczeck: Ich wurde als Zehnjähriger „entdeckt“, habe später meine Schauspielausbildung in Hamburg, Wien und New York absolviert. Hörspiel ist nur ein Teil meines Berufes, ich spiele auch Theater usw. Eine Ausbildung finde ich sinnvoll und Erfahrungen sammeln! 
Andreas Fröhlich: Ich wurde im Kinderchor entdeckt. Ich konnte nicht besonders gut lesen, aber hatte eine schnelle Auffassungsgabe. Wenn man Hörspielsprecher werden möchte, sollte man eine Schauspielausbildung absolvieren.

Ihr kennt euch seit 40 Jahren und länger. Seid ihr auch Freunde oder nur gute Kollegen? 
Oliver Rohrbeck: Wir verbringen gern Zeit miteinander. Leider haben wir immer viele berufliche Verpflichtungen, so dass wir uns viel zu selten sehen. Aber wir produzieren ja auch andere Hörbücher und Hörspiele gemeinsam und versuchen, den Kontakt dadurch noch häufiger herzustellen. 
Jens Wawrczeck: Familie!
Andreas Fröhlich: Über all die Jahre ist definitiv eine Freundschaft entstanden.

Wenn man Folgen von damals und heute vergleicht und zu dem Schluss kommt, dass die immer noch so klingen wie vor 40 Jahren: Würden Sie das als Kompliment sehen?
Andreas Fröhlich: Auf jeden Fall. Denn die „Drei ???“ und die Welt, in der das alles spielt – das hat sehr viel mit Kontinuität zu tun. Das Design ist immer noch das gleiche wie 1969, als die ersten Bücher rauskamen, die Sprecher sind seit 40 Jahren die gleichen und der Aufnahmeprozess ist eigentlich auch immer noch gleich. Es wird nämlich nicht digital aufgenommen sondern analog, bis heute. Dieser Sound ist wichtig. Genauso wie bei Bands, wie bei den „Bee Gees“ oder bei Abba – der Sound macht die Marke und der Sound ist auch das Produkt.

Die DDF-Aufnahmen finden meistens an zwei bis drei Tagen in Hamburg statt. Zwei von euch kommen aus Berlin. Wie sieht so ein Aufnahmetermin in der Regel aus? Was macht ihr nach Feierabend? 
Jens Wawrczeck: Der Aufnahmetag dauert ca. 6 Stunden. Der Feierabend ist... privat.
Andreas Fröhlich: Über all die Jahre ist definitiv eine Freundschaft entstanden.

Bei (die verschiedenen Sonderfolgen eingerechnet) weit über 200 Folgen bleiben Qualitätsschwankungen nicht aus: Wie oft hast Du schon ein Skript gelesen und gedacht: „Was für ein Quatsch!“?
Andreas Fröhlich: Das passiert natürlich. Beim Lesen von „Todesflug“  habe ich definitiv mit dem Kopf geschüttelt.

Im Laufe der vier Jahrzehnte sind viele Prominente in Gastrollen dabei gewesen. Gibt es Kollegen, die noch nicht dabei waren und mit denen Du gerne mal zusammenarbeiten würdest?
Andreas Fröhlich: Hardy Krüger würde ich mir wünschen.

Was sind eure Erinnerungen an die Aufnahmen zur ersten Folge „Die drei Fragezeichen und der Super-Papagei“?
Oliver Rohrbeck: Die Tür ging auf und ich trat in das Studio von Frau Körting, das gleichzeitig auch ihr Wohnhaus war, und wurde zuerst in einen Raum geführt, in dem ein Affe saß. Ich war total fasziniert – für ein Kind von 12 Jahren ist das schon etwas Aufregendes. Danach wurden wir dann ins Studio gebracht und lernten Jens kennen – Andreas kannte ich damals schon – und haben wir uns sofort an die Aufnahmen gemacht. Nach zwei Stunden haben wir dann festgestellt, dass Andreas lieber Bob und Jens lieber Peter sprechen sollte, denn zuerst wurde es anders herum versucht. Wir haben dann noch einmal von vorne angefangen und seitdem ist alles super. 
Jens Wawrczeck: Es ist vierzig Jahre her und mein Gedächtnis ist nicht das beste. Hätte ich damals geahnt, dass wir Kult werden, wäre ich wahrscheinlich aufmerksamer gewesen!
Andreas Fröhlich: Am meisten habe ich mich auf den Tomatensaft im Flugzeug gefreut.

Hättet ihr euch 1979 träumen lassen, dass „Die drei ???“ 40 Jahre später immer noch die erfolgreichste Hörspielserie in Deutschland ist? 
Jens Wawrczeck: Niemals. Aber in diesen Kategorien hat auch keiner von uns gedacht. 1979 habe ich alte Streisand Platten aufgelegt und träumte davon, Theater zu spielen. Was sich dann auch erfüllt hat.
Andreas Fröhlich: Nein. Aber anfangs gab es ja nichts Vergleichbares. Dann Alfred Hitchcock, der der Serie seinen Namen gegeben hat, und das ansprechende Design. Und es ist wohl entscheidend, dass wir drei Sprecher über all die Jahre dabei waren. Das hat sich etabliert. Wir sind irgendwie die Stones der Hörspielszene. Und den alten Fans liefern wir einen Kick in die Vergangenheit. 

„Die drei ???“ sind unumstritten Kult. Was bedeutet es für euch als Sprecher und als Menschen? 
Jens Wawrczeck: Ich verstehe es immer noch nicht, warum wir diese Kultposition haben, aber es ist wohl so. Ich fühle mich sehr privilegiert, neige aber nicht dazu, deswegen abzuheben. 

Wann ist euch dieser Kultfaktor erstmals so richtig bewusst geworden? 
Oliver Rohrbeck: Ungefähr bei Folge 100, während der Feier anlässlich des Folgen-Jubiläums. 
Jens Wawrczeck: Das Phänomen „Die drei ???“ ist mir beim Besuch einer Vollplaybacktheater-Vorstellung bewusst geworden. Ich bestaune es und freue mich, wenn es so viele Hörer glücklich macht. 
Andreas Fröhlich: Bei „Master of Chess“.

Habt ihr euch schon einmal überlegt, aus der Serie auszusteigen oder ganz aufzuhören?
Oliver Rohrbeck: Wir haben großen Spaß daran und möchten es gerne so lange wie möglich weitermachen. Aber eine genaue Festlegung können wir da nicht machen. 
Jens Wawrczeck: Natürlich habe ich mit fortschreitendem Alter mir auch mal zu diesem Thema Gedanken gemacht.
Andreas Fröhlich: Nein.

Wie kam es zu der Idee, das Hörspiel auf die Bühne zu bringen und dann mit „Master of Chess“ auf Tour zu gehen?
Andreas Fröhlich: Das war eine Idee von Olli, Jens und mir.

2019 geht ihr mit „Die drei ??? und der dunkle Taipan“ auf große Jubiläumstour. Welche Erwartungen und welche Wünsche habt Ihr in Hinblick auf diese Tour? 
Oliver Rohrbeck: Natürlich haben wir uns große Gedanken gemacht, was man auf die Bühne bringt und wie man es auf die Bühne bringt. Traumwandlerische Sicherheit kann sich niemand leisten.
Jens Wawrczeck: Es soll dem Publikum und uns Spaß machen. 
Andreas Fröhlich: Wenn wir auf der Bühne Spaß haben, überträgt sich das auf die Zuschauer. Ich hoffe, dass uns das gelingt.

Werdet ihr oft erkannt und angesprochen? Wie reagiert ihr dann? 
Oliver Rohrbeck: Ja. Wir werden schon oft erkannt und meist auch angesprochen. Mir geht es auf jeden Fall so. Es sind aber immer sehr schöne und nette Erlebnisse.
Jens Wawrczeck: Ich hoffe, ich reagiere immer höflich auf die meist sehr netten Menschen, die mich erkennen.
Andreas Fröhlich: Ich freue mich immer, wenn man mich an meiner Stimme erkennt.

Wie viele Anrufbeantworter/Mailboxen habt ihr schon besprochen bzw. wie viele Anfragen dafür habt ihr schon bekommen? 
Alle: Unendlich viele.

Was war das Absurdeste, das ihr je im Tonstudio für eine Aufnahme machen musstet?
Oliver Rohrbeck: Es klingt absurd, ist es aber nicht. Wenn man als Kind als Hörspielschauspieler arbeitet und eine Szene hat, in der man so tun soll, als ob man erschöpft ist vom schnellen Laufen, dann hört sich der Text manchmal abgelesen an. Frau Körting hat uns dann immer die Studiotreppe rauf- und runterlaufen lassen, weil wir uns dann erschöpft anhörten.
Jens Wawrczeck: Einen Liebesakt mit allem Drum und Dran simulieren, während meine Partnerin und ich in Winterkleidung nebeneinander saßen.
Andreas Fröhlich: Ich musste beim Sprechen ein Glas saure Gurken essen. Irgendwann mussten wir die Aufnahmen abbrechen, weil mir schlecht wurde.

Was schätzt ihr am Hörspiel als Kunstform im Vergleich zu Film oder Buch?
Oliver Rohrbeck: Ich setze es sehr mit dem Buch gleich. Das Hörspiel lässt Raum für jegliche Phantasie wohingegen das Fernsehen die Phantasie tötet, weil es die Bilder vorgibt. Das Hörspiel aber öffnet Horizonte.
Jens Wawrczeck: Die Stimmen. Stimmen können eine Menge vermitteln.
Andreas Fröhlich: Das Hörspiel ist wie der Film ein „hot media“ – trotzdem stellt sich jeder Hörspielhörer die Zentrale oder den Schrottplatz der Drei ??? anders vor. 

Seht ihr es positiv, dass sich die Welt der Drei ??? sich in vielem von dem unterscheidet, was Jugendliche heute konsumieren?
Jens Wawrczeck: Oh ja. Ich bin in der Beziehung eher altmodisch.
Andreas Fröhlich: Das ist eigentlich das Erfolgsrezept der Serie. Wenn die Drei ??? jeden Trend aufgenommen hätten, würde es die Serie nicht mehr geben. In unsicheren und schnelllebigen Zeiten bieten die Drei ??? mit ihrer antiquierten „heilen Welt“ eine Konstante, an der sich die Fans festhalten können.

Was war euer bestes Fanerlebnis?
Oliver Rohrbeck: Das erlebe ich bei jeder „Die drei ???“-Record Release Party der Lauscherlounge – unglaublich nette Menschen, die sich dafür bedanken, dass ich sie schon ihr ganzes Leben begleite.
Jens Wawrczeck: berührt mich, wenn mir Fans erklären, wie viel wir ihnen bedeuten. Das ist als Fanerlebnis immer wieder besonders.  
Andreas Fröhlich: Die jubelnde Menge der Fans auf der Waldbühne – das hat mich fast zu Tränen gerührt.

Wenn Oliver Rohrbeck Justus Jonas / Jens Wawrczeck Peter Shaw / Andreas Fröhlich Bob Andrews einen Ratschlag geben können, wie würde er lauten?
Andreas Fröhlich: Sorge dafür, dass jeder Tag mit einem Abschlusslacher endet.

Und was würdest Du aus heutiger Sicht dem jungen Oliver Rohrbeck / Jens Wawrczeck / Andreas Fröhlich vor dem ersten Gang ins Tonstudio mit auf den Weg geben?
Andreas Fröhlich: Bereite dich auf deinen Text vor!